COVID-19-Gesetzgebung zum Vertragsrecht – Konventionalstrafe

Eine Vertragsstrafe (Konventionalstrafe) ist ein fester Bestandteil des wirtschaftlichen Vertragslebens. In der Praxis wird gerne darauf zurückgegriffen, da der dadurch pauschalierte Schadenersatz idR schneller und einfacher geltend gemacht werden kann. Konventionalstrafen gibt es in der Praxis bspw. auch zur Sicherung von Geheimhaltungspflichten.

Konventionalstrafen (gem § 1336 ABGB) können sowohl für die schuldhafte aber auch verschuldensunabhängige Nicht- oder Schlechterfüllung vereinbart werden. Der betraglich festgesetzte Schadersatz kann idR unabhängig von einem tatsächlichen Schadenseintritt eingefordert werden. Ein typischer Anwendungsfall ist hier eine verspätete Leistung (Verzug) durch den Vertragspartner.

Durch das 4. COVID-19-Gesetz ist der in Verzug geratene Schuldner nicht verpflichtet, eine Konventionalstrafe zu zahlen, selbst wenn vereinbart wurde, dass die Konventionalstrafe unabhängig von einem Verschulden des Schuldners am Verzug, zu entrichten ist. Diese Änderung gilt nur für vor dem 1. April 2020 eingegangene Vertragsverhältnisse. Grund für den Verzug muss

  • eine erhebliche Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit oder
  • eine Unmöglichkeit der Leistungserbringung

als Folge der Beschränkungen des Erwerbslebens aufgrund der COVID-19-Pandemie sein.

In Anbetracht der Einschränkungen des Wirtschaftslebens durch die COVID-Gesetzgebung ist eine solche Regelung zweifellos vernünftig. Offen ist allerdings wann eine „erhebliche Beeinträchtigung“ oder eine „Unmöglichkeit der Leistungserbringung“ vorliegt und in welcher Form das zu beweisen sein wird. Fraglich ist auch, was zu gelten hat, wenn der Schuldnerverzug über das Ende der allgemeinen Beeinträchtigungen durch die COVID-19 Pandemie hinaus andauert. Ab einem bestimmten Zeitpunkt wird die Konventionalstrafe wohl wieder gelten, wobei es hier jetzt schon erkennbare Abgrenzungsthemen geben wird.

Auch zu bedenken: Erhebliche Beeinträchtigungen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit einzelner Schuldner als Folge der COVID-19 Pandemie kann womöglich über Jahre andauern. Die Rücktrittsmöglichkeit des Vertragspartners aufgrund des Verzugs wird durch das 4. COVID-19-Gesetz idR nicht beeinträchtigt. Doch mitunter sichern Konventionalstrafen im Wirtschaftsleben nicht nur die Hauptleitungspflichten sondern eben auch die fristgerechte Einhaltung von Nebenpflichten – zB Übergabe von Dokumentation – derentwegen Vertragspartner häufig nicht von einem Vertrag zurücktreten wollen oder können. Hier wird sich auch die Frage stellen, ab welchem Punkt ein Verzug für den Vertragspartner unzumutbar wird.